Klimaschutz oder Gefährdung der Energiesicherheit?

    Volksabstimmung

    Am 18. Juni stimmen wir über das Klimaschutzgesetz ab. Die SVP hat gegen das «Stromfresser-Gesetz», wie sie es nennt, erfolgreich das Referendum ergriffen. Die «Umwelt Zeitung» hat zwei prominente Vertreter der beiden Lager zu einer Stellungnahme eingeladen. Die Pro-Seite vertritt Grünen-Chef Balthasar Glättli, die Argumente für ein Nein liefert SVP-Nationalrat und Kampagnenleiter Michael Graber. 


    Pro

    Innovationen fördern und schützen, was uns wichtig ist

    Bis 2050 müssen wir netto null Treibhausgase ausstossen. Das Klimagesetz weist uns den Weg dahin. Mit Innovationen in erneuerbare Energien. 

    (Bild: zVg / glaettli.ch) Balthasar Glättli, Präsident Grüne Schweiz

    Bis 2050 müssen die Treibhausgasemissionen netto null erreichen – weltweit und also auch in der Schweiz. Nur so kann die globale Klimaerhitzung gestoppt werden. Solange die Menschheit netto CO2 emittiert, wird es wärmer: Das ist Physik. Fakt, nicht Meinung. Auch die Schweiz hat das Pariser Klima-Abkommen ratifiziert, es gab kein Referendum.

    Das Klimaschutz-Gesetz setzt also kein neues Ziel. Es weist den Weg, das beschlossene Ziel zu erreichen. Und es tut dies ganz anders als das 2021 abgelehnte CO2-Gesetz. Wer damals sagte, sie oder er sei «für Klimaschutz, aber nicht so», muss jetzt Ja sagen. Oder zugeben, dass ihr oder ihm das Klima egal ist.

    Netto null bis 2050 und, damit verbunden, der Abschied von fossiler Energie (Erdöl, Erdgas und Kohle) sind Ziele, die wir erreichen müssen – und sie sind auch eine grosse Chance. Die Energiewende findet weltweit statt. Als hervorragender Wissenschafts- und Technologiestandort haben wir die Wahl, vorne mitzumachen, neue Geschäftsfelder zu erschliessen – oder aber den Zug zu verpassen.

    Den Cleantech-Sektor fördern 
    Das Klimaschutz-Gesetz ruht auf den drei Hauptpfeilern, die sein langer offizieller Name nennt: Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit.

    Von den Zielen war schon die Rede. Die Innovation fördert das Gesetz mit sechsmal 200 Millionen Franken pro Jahr für neuartige Technologien und Prozesse. Die Schweiz bringt immer wieder Pionierunternehmen hervor, viele im Cleantech-Sektor. Sie ist bisher aber schlecht darin, diese aus der Nische heraus zu entwickeln. Hier setzt das Klimaschutz-Gesetz an.

    Weitere 200 Millionen Franken pro Jahr, diesmal über zehn Jahre, unterstützen den Ersatz von Öl-, Gas- und elektrischen Widerstandsheizungen durch erneuerbare Systeme. Es profitieren Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer, aber auch Mieterinnen und Mieter: weil erneuerbare Heizsysteme viel weniger Nebenkosten verursachen. 

    Effizientere Nutzung der Energie
    Der Ersatz von Widerstandsheizungen und Elektroboilern eliminiert zudem die schlimmsten Winter-Stromfresser. Diese Stärkung der Energiesicherheit ist der Punkt, den die Gegner am lautesten bestreiten. Denn mit der Energiewende brauchen wir mehr Strom. Das ist unbestritten. Das Parlament hat dem nötigen Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion zugestimmt. Aber während wir in Zukunft mehr Strom brauchen werden, sparen wir insgesamt Energie. Elektrische Anwendungen sind viel effizienter als das Verbrennen von Öl oder Gas.

    Wir leben in einer Zeit der Energiekrise. Es ist eine Fossilenergiekrise, ausgelöst durch die Gasknappheit seit dem russischen Einmarsch in der Ukraine. Die hohen Strompreise sind eine direkte Folge der gestiegenen Gaspreise, denn europaweit ist der Strompreis eng an den Gaspreis gekoppelt. Mit dem Ausbau der Erneuerbaren können wir diese Koppelung lösen. Die Internationale Energieagentur hat im letzten November klar festgestellt: Länder mit einem höheren Anteil Erneuerbarer in ihrem Energiemix sind mit tieferen Strompreisen durch die Energiekrise gekommen.

    Der grösste Unsicherheitsfaktor für unsere Energiesicherheit ist unsere Abhängigkeit von Importen fossiler Energie – mehrheitlich aus autoritär regierten Ländern. Mit der Dekarbonisierung des Energiesystems befreien wir uns davon: Strom können wir selber produzieren, Öl und Gas nicht.

    Wertschöpfung und Arbeitsplätze schaffen
    Ja, die Energiewende gibt zu tun und man muss investieren. Das sind Aufträge für unser Gewerbe und Investitionen in die hiesige Wirtschaft. Statt Jahr für Jahr acht Milliarden Franken für fossile Energien ins Ausland zu zahlen, schaffen wir im Inland Wertschöpfung und Arbeitsplätze.

    Die Schweiz rettet das Klima nicht allein. Aber wenn die Emissionen weltweit auf netto null sinken müssen, müssen sie es auch bei uns tun. Schweizer Innovationen können den Ausstieg aus den Fossilen zudem weltweit beschleunigen. Es ist klug, diesen Weg zu gehen – und wirtschaftlich lohnend, selbst wenn es keine Klimakrise zu bewältigen gäbe.

    www.klimaschutzgesetz-ja.ch


    Contra

    Extrem teure Planwirtschaft ohne Plan

    Mit utopischen Zielen soll die Schweizer Energieversorgung total umgebaut werden, obwohl wir schon heute zu wenig Strom haben. Es ist eine Planwirtschaft ohne Plan. Mit unglaublich hohen Kosten für jeden und jede von uns. 

    (Bild: zVg) Michael Graber ist SVP-Nationalrat und leitet die Kampagne gegen das Stromfresser-
    Gesetz.

    Am 18. Juni stimmen wir über das teure und verlogene Stromfresser-Gesetz ab. Dabei handelt es sich um einen indirekten Gegenentwurf zur sogenannten «Gletscher-Initiative», mit dem unser Mitte-links-Parlament die Initianten dermassen beschwichtigen konnte, dass sie ihre Initiative zurückgezogen haben.

    Die Namensliste des Initiativkomitees liest sich wie das «Who is Who» einer grün-linken Märchenwelt: Die Präsidentin von Greenpeace, der Präsident der Grünen, die ehemalige Präsidentin von Pro Natura, die Co-Präsidenten von Klimaschutz Schweiz, der Geschäftsleiter Klima-Allianz, dazu noch Klimaseniorinnen und Klimastreik-Aktivisten. Sie alle wollen uns weismachen, wir könnten mit diesem Gesetz die Gletscher und gar «das Klima» retten. Das Klima spielt sich aber global ab. China stösst in einem halben Tag gleichviel CO2 aus wie die Schweiz in einem ganzen Jahr!

    Wohlstand und Wettbewerbsfähigkeit opfern
    Mit seiner planlosen Planwirtschaft definiert das Stromfresser-Gesetz mit Zwischenzielen auf den Prozentpunkt genau, bis wann welcher Sektor wieviel CO2 reduziert haben muss. «Netto-Null» heisst das Ziel. Wie genau aber dieses Ziel erreicht werden soll, wissen wir nicht. Fest steht aber: In Zukunft müssten wir beim Verkehr, beim Heizen und in der Industrie auf die zuverlässigen Energieträger wie Öl, Gas, Benzin oder Diesel verzichten. Autofahren und Heizen wären praktisch nur noch eklektisch möglich. Dazu sollen wir – notfalls mit Zwangssanierungen wie in Deutschland – die Schweiz umbauen, umerzogen werden und unseren Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähigkeit opfern. 

    Stromrechnung so hoch wie Krankenkassenprämie
    Das heisst vor allem, dass es künftig gewaltig viel mehr Strom braucht. Zudem müssen aufgrund der gescheiterten Energiestrategie auch die restlichen vier Kernkraftwerke vom Netz genommen werden. Gemäss einer ETH-Studie können die Energiekosten so pro Kopf und Jahr um bis zu 6’600 Franken ansteigen. Für uns alle würde das heissen: Neben der Krankenkassenprämie kriegen wir jeden Monat eine Stromrechnung in mindestens der gleichen Höhe! Aber anders als die Krankenkassenprämie wäre die Stromrechnung dann aber nicht subventioniert.

    Unternehmen werden abwandern
    Auch unsere Firmen würden leiden. Schweizer Unternehmen haben bereits heute aufgrund der hohen Lohn- und Produktionskosten Mühe, mit der ausländischen Konkurrenz mitzuhalten. Wenn wir die Energie nun künstlich verknappen und dadurch die Energiekosten extrem verteuern, werden noch mehr Unternehmen mit ihren Betrieben ins Ausland abwandern. Dort steht teilweise dreckigster Strom viel günstiger zur Verfügung. Unser Wohlstand und die Wettbewerbsfähigkeit des Werkplatzes Schweiz gehen verloren.

    Kosten von über 400 Milliarden Franken
    Das ist aber noch lange nicht alles. Wir müssten die Häuser im ganzen Land sanieren, funktionierende Ölheizungen herausreissen, dürften kaum mehr Fleisch essen und vieles mehr. Dieser realitätsfremde Umbau unseres Landes auf «Netto Null» würde laut einer Studie 387 Milliarden Franken kosten. Aufgrund der absurd hohen Kosten für den Netzausbau würde man auf weit über 400 Milliarden Franken kommen. Und bezahlen müssten das wir alle, über unsere Mieten, Nebenkosten, Hypozinsen, Steuern, Gebühren oder wie auch immer.

    Nein zum Stromfresser-Gesetz 
    Wir können uns dieses teure und verlogene Stromfresser-Gesetz schlichtweg nicht leisten. Sagen wir darum entschieden NEIN zu diesem Stromfresser-Gesetz! NEIN zu dieser Planwirtschaft ohne Plan!

    www.stromfresser-gesetz-nein.ch

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