Es bleibt ein Kompromiss

    Die gesamte Verpackungsbranche arbeitet ständig an der Zukunft der Verpackung. In allen Segmenten werden die Lösungen ständig optimiert. Dabei bleibt die Einhaltung der Rechtsvorschriften ein Rahmen, der seitens der EU und der Schweiz immer enger wird.

    (Bilder: zVg) Wie können Verpackungen im Kreislauf gehalten werden? Dies ist eine der grundlegenden Herausforderungen der Branche, um den Ausbau der Kreislaufwirtschaft in der Schweiz weiter voranzutreiben.

    Die Regale werden laufend nachgefüllt, es fehlt an nichts – das ist nicht zuletzt durch Verpackungen möglich, die den schnellen und geschützten Transport der Lebensmittel gewährleisten und so eine logistische Mammutaufgabe bewältigen helfen. Sie schützen die wertvollen Lebensmittel und Produkte, teilen sie in unterschiedliche Portionen auf und ermöglichen entlang der Lieferkette ein einfaches Handling. «Verpackungen sind für die Versorgung der Bevölkerung unabdingbar: Sie schützen das verpackte Gut, verlängern die Haltbarkeit von Lebensmitteln, garantieren eine einwandfreie Hygiene und unterstützenden Warentransport von A nach B, um nur einige Funktionen zu nennen» erklärt Andreas Zopfi, Geschäftsführer des Schweizerischen Verpackungsinstitutes (SVI). «Bei Arzneimitteln, medizinischen Hilfsmitteln und allen Produkten, die für die medizinische Versorgung der Bevölkerung essenziell sind, helfen Verpackungen sogar Leben retten.» Und er doppelt nach: «Verpackung ist zwar nicht alles, aber ohne Verpackung ist fast alles nichts.» Der Verband will mit einer einheitlichen und starken Verpackungsbranche dem Imageproblem der Verpackungsmaterialien – vor allem wenn es um Nachhaltigkeit geht – entgegenwirken. «Verpackung schützt Mensch und Umwelt, Verpackung macht transportierbar und sie kommuniziert, informiert und verkauft. Jede Verpackung hat Vor- und Nachteile», sagt Zopfi «und Verpackung ist und bleibt ein Kompromiss.»

    Dank Corona wurde das Image der Verpackung gewaltig aufpoliert. «Heute wo man offen und transparent über Verpackungen und Verpackungsmaterial diskutiert, bekommt die Verpackung das Gewicht, welches sie auch verdient.» Verpackung ist Hightech und eines der hochentwickeltsten Industrieprodukte. Sie ist fundamental und wie Strassen und Strom ein unverzichtbarer Teil unserer Infrastruktur. Auch der Bund hat dies während der Pandemie gemerkt und die Verpackung als systemrelevant eingestuft. Allerdings hat sich die Struktur in der Branche gerade mit der Globalisierung – vor allem zu den asiatischen Märkten – stark verändert. Rohstoffe für die Herstellung von Verpackungen werden kaum mehr in der Schweiz hergestellt. «So ist es auch für unsere Mitglieder immer schwieriger bestehen zu können. Dies auch, weil sich der Retail immer mehr international bedient und dann sind die Produkte meistens beim Import auch schon verpackt», stellt Zopfi fest.

    Mehr Lösungsbereitschaft vom Bund
    Nachhaltigkeit, Recycling und Kreislaufwirtschaft prägen die Branche in diesem Jahr. Recyclingfähigkeit wertet der SVI-Geschäftsführer als wichtigsten Trends. Allerdings sollten stets die Packstoffe eingesetzt werden, die für das Produkt die besten Leistungen haben. «Hier findet zu oft Greenwashing statt, was problematisch ist», ärgert sich Zopfi. Gemäss ihm ist die Migros mit dem M-Check Verpackung ein gutes Beispiel für gelebte Nachhaltigkeit in der Praxis: Verpackungsgewicht, Recyclingfähigkeit, die Ökobilanz des Verpackungsmaterials sowie den Anteil des Recyclingmaterials das in der Verpackung eingesetzt werden kann, sind stimmig. Der M-Check gibt den Konsumenten das grundsätzliche Wissen in einem kontroversen Thema. «Leider ist in den Köpfen der Konsumenten immer noch ein Bewusstsein, dass nachwachsbar per se ökologischer sei.» Das SVI ist Kooperationspartner der Drehscheibe Kreislaufwirtschaft von Swiss Recycling. «Zusammen setzen wir uns mit aller Kraft für sinnvolle, machbare Lösungen ein. Die Sammlung 2025 von Kunststoffhohlkörper-Verpackungen ist für uns nicht Utopie, sondern zu realisierendes Ziel», sagt Zopfi. Hier erhofft sich der innovative Verband aber auch mehr Lösungsbereitschaft vom Bund, insbesondere vom BAG beim Einsatz von Recyclingmaterialien. Das «Design for Recycling» wird heute in der Branche bereits gelebt. Sie setzt allerdings grundsätzlich das um, was die Abnehmer von Verpackungen sowie der Gesetzgeber fordern. «Technologisch wären wir dem Handel immer einen Schritt voraus. Es ist möglich, fortschrittliche, innovative und umweltschonende Lösungen herzustellen.» Aber der Detailhandel und somit auch die Konsumenten, müssen auch bereit sein, für nachhaltige Lösungen mehr zu bezahlen. «Leider scheitert das so oft an wenigen Rappen», bedauert Zopfi.

    Verpackung ist Hightech und eines der hochentwickeltsten Industrieprodukte.

    Schutzfunktion vor Recycling?
    Ein grosses Thema im Schweizerischen Verpackungsinstitut sind Lebensmittelsicherheit und Verpackungen. So steht der Schutz der Konsumenten weit oben bei den Anforderungen an eine Verpackung. «Beim Thema Einsatz von Recyklaten in Verpackungen sind wir im Zielkonflikt. Für die EU steht heute klar die Recyclingfähigkeit vor der Schutzfunktion», sagt Zopfi. «Warten wir mal ab, wie sich der Schweizer Gesetzgeber hier positioniert.» Eine grosse Herausforderung für den Dachverband ist die neue Verpackungsverordnung der EU-Kommission. «Wenn man den Fokus auf den Erhalt der Ressourcen legt, ist das Vorpreschen der EU wünschenswert, bildet aber auch Zielkonflikte», so Zopfi, der das Vorhaben der EU, Rohstoffe im Kreislauf zu behalten, unterstützt. «Es gibt allerdings noch ein paar Fragen zu klären.»

    Verpackungsspezialisten ausbilden
    Ein Kernthema des SVI ist die Aus- und Weiterbildung. Der Verband bietet von der Grundbildung bis zu akademischen Abschlüssen alles aus einer Hand an. «Mittlerweilen sind wir mit der SVI ACADEMY die einzige Anbieterin in der Schweiz von generalistischen Aus- und Weiterbildungen im Verpackungswesen.» Die Verpackungswirtschaft ist eine klassische Querschnittsbranche und viele Brancheneintretende kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen. Etwa 15 Lernende gibt es pro Lehrjahr, die sich als Verpackungstechnologe/-in EFZ ausbilden lassen. Die Rekrutierung der Lernenden ist allerdings nicht einfach, obwohl mit dem Packaging Manager/in mit eidg. Diplom – ein Abschluss der höheren Berufsbildung auf oberster Stufe – ausgezeichnete Karrieremöglichkeiten bestehen. «Leider werden viele Absolventinnen von Aus- und Weiterbildungen der SVI ACADEMY aus der herstellenden Industrie von Verpackungsverwendern abgeworben. Oft weil dort halt mehr Geld zu verdienen ist als in der herstellenden Industrie», bedauert Zopfi.

    Verpackungen braucht es immer
    Auch auf politischer Ebene ist die Branche aktiv. Dabei gehören das Anerkennen von echter Ökologie sowie das Erkennen vom Wert der Verpackung zu den grossen Anliegen. «Wir sind im Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung BWL aktiv», betont Zopfi und ergänzt: «Im Weiteren setzen wir uns vehement für eine Kreislaufwirtschaft ein, die Trittbrettfahrer vermeidet, also unsere Binnenwirtschaft nicht schwächt.» Weiter gilt es zu verhindern, dass nicht Standes­initiativen den eingeschlagenen Weg behindern. «Der Bund muss nun umfassende Richtlinien festlegen.» Nebst der EU-Verordnung in Vernehmlassung PPWR und die Sammlung 2025 von Kunststoffholkörper-Verpackungen gehört eine weitere Deindustrialisierung zu den grossen Herausforderungen in den nächsten Jahren. «Die Abhängigkeit vom Ausland ist problematisch für unsere Branche.»

    Doch das Potenzial der Branche ist gross – denn Verpackungen wird es immer brauchen. Verpackungen werden sich ändern, aber sie werden weiterhin ein unverzichtbarer Teil unseres Lebens bleiben.

    Corinne Remund

    www.svi-verpackung.ch


    Innovationskraft stärken und fördern

    Nachhaltigkeit, Recycling und Kreislaufwirtschaft prägen die Branche in diesem Jahr.

    Das Schweizerische Verpackungsinstitut (SVI) ist die packstoffneutrale Dachorganisation der schweizerischen Verpackungswirtschaft. Das SVI wurde1962 gegründet mit dem Ziel, die Materialprüfung, das Versuchswesen, die Forschungsarbeiten sowie den Erfahrungsaustausch in allen Verpackungsfragen zu intensivieren und somit den technischen Fortschritt zu fördern. Das SVI repräsentiert den gesamten «lifecycle» der Verpackung und fungiert als Partner zwischen Behörden, Medien, Konsumenten und Verpackungswirtschaft. Durch seine packstoffneutrale Ausrichtung fördert das SVI ganzheitliche Verpackungslösungen. Ziel ist es, die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der schweizerischen Verpackungswirtschaft zu stärken und nach aussen zu präsentieren.

    Fundierte Aus- und Weiterbildung
    Dabei stehen die Mitglieder im Mittelpunkt. Sie erhalten in allen branchenspezifischen Belangen umfassende Informationen und Beratung. Mit Netzwerk-Plattformen wie Messen und Tagungen werden Begegnungen und Zusammenarbeit unter den Mitgliedern gefördert. Zudem ist der Verband der führende Partner für die berufsbegleitende Aus- und Weiterbildung in der Verpackungswirtschaft. Dabei können die Unternehmen ihre Fachkräfte auf verschiedenen Stufen nach ihren Bedürfnissen aus- und weiterbilden.

    Wettbewerb für innovativste Verpackung
    Jährlich vergibt das SVI den Swiss Packaging Award, den Preis für die innovativste Verpackung in der Schweiz, in sechs Kategorien. Er ist ein wichtiges Marketing-Tool für die Unternehmen und zudem ein Barometer für Innovationen im Verpackungsbereich. Dabei werden neue Entwicklungen und Trends der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Gewinner sind automatisch für den Wettbewerb um die beste Verpackung der Welt, den Worldstar Award der World Packaging Organisation, zugelassen.

    Der Verband hat rund 130 Mitglieder. Es sind zu 90 Prozent KMU, die vor allem in der verpackungsherstellenden und abpackenden Wirtschaft tätig sind. In der Branche arbeiten rund 20’000 Beschäftigte (herstellende Industrie). Sie generieren jährlich einen Umsatz von rund 7 Milliarden Franken.

    CR

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